Nach über 4 Jahren liegt nun ein neuer Mietspiegel für Tübingen vor. Von je 5000 befragten VermieterInnen und MieterInnen schickten 2150 ihre Fragebogen, die Datengrundlage des Mietspiegels sind, zurück. 1407 waren für die Berechnung relevant. Denn nicht jede Miete findet Eingang in die Berechnung des neuen Mietspiegels. Weil es Ziel der Erhebung ist, die Mietsteigerung zu ermitteln, dienen lediglich Mietverträge die innerhalb der letzten vier Jahre abgeschlossen wurden, oder Mieten die in diesem Zeitraum erhöht wurden, als Berechnungsgrundlage. Kein Wunder also, dass die Mieten laut neuem Mietspiegel weiter steigen. In Tübingen sind sie seit der letzten Erhebung um etwa 3% pro Jahr gestiegen, auf einen aktuellen Durchschnitt von 9,17€ pro Quadratmeter. Überdurchschnittlich hoch sind die Mieten dort wo es eine entsprechend hohe Nachfrage gibt, in Tübingen sind das v.a. kleine Studierendenwohnungen in Uninähe und Familienwohnungen im Stadtzentrum. Der Mietspiegel bestätigt damit, was das Tübinger Bündnis gegen Wohnungsnot bereits im letzten Jahr festgestellt hat: Wohnen in Tübingen wird zum Luxus, den sich immer weniger Menschen leisten können.

Grundsätzlich gibt es wenig daran auszusetzen, die Höhe der Mieten in einer Stadt empirisch zu erfassen. Anders als der Tübinger Baubürgermeister Soehlke meint, handelt es sich hierbei aber nicht um eine einfache Datenerfassung, sondern eben doch um ein politisches Steuerungsinstrument. Die in Tübingen gültige Mietpreisbremse orientiert sich am Mietpreisspiegel. Wenn die eigene Miete mehr als 20% über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, könnte laut Mieterbund eine Mietpreisüberhöhung vorliegen gegen die man rechtlich vorgehen kann. Die genannten Zahlen zeigen aber gleichzeitig, dass die Mietpreisbremse nur dort greift, wo die Mieten so oder so schon enorm hoch sind, Menschen mit kleinem und mittleren Einkommen wird sie kaum entlasten. Das zentrale Problem ist aber, dass die im Mietpreisspiegel ermittelte Mietsteigerung als Berechnungsgrundlage für die ortsübliche Vergleichsmiete herangezogen wird. Damit wird der Mietspiegel de facto zu einem Mieterhöhungsspiegel, der v.a. ein Indikator für ImmobilienbesitzerInnen ist wie weit sie ihre Miete problemlos erhöhen können. Die Perspektive der MieterInnen spielt hier eine untergeordnete Rolle. Und das obwohl für sie schon die Bestandsmieten kaum bezahlbar sind.

Was Tübingen braucht ist ein effektiver Stopp der Mietsteigerungen und eine Senkung der Mieten, statt einer Preisanpassung nach oben. Ein qualifizierter Mietspiegel, der als Berechnungsgrundlage für eine Mietobergrenze gilt, muss selbstverständlich auch die Bestandsmieten mit einbeziehen. Statt massenhaftem Leerstand auf der einen und Luxusappartments auf der anderen Seite brauchen wir mehr bezahlbaren Wohnraum für alle.

 

Wohnraumbündnis Tübingen, Februar 2016