Bereits im Jahr 2016 haben wir als Wohnraumbündnis auf die zunehmende Umwandlung von normalen Mietwohnungen in Ferienwohnungen hingewiesen. Damals hat das Tübinger Tagblatt unsere Recherche aufgegriffen und zum ersten Mal in Tübingen über das Problem berichtet (Link). Obwohl es dann weitere Zahlen dazu gab, beschloss der Gemeinderat eine Zweckentfremdungssatzung, die nur Leerstand aber nicht die Umwandlung in Ferienwohnungen betraf (Link).
Schon damals war es aus unserer Sicht ein Problem, dass Wohnungseigentümer:innen ihre Wohnungen lieber lukrativ als Ferien- oder Gästewohnungen vermieten anstatt bezahlbare Mietwohnungen in Deutschlands viertteuerster Stadt zu erhalten.
Der Gemeinderat hat am 10. März nun endlich eine Erweiterung der Satzung gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum beschlossen: Eine Umwandlung von Wohnraum in Ferienwohnungen wird zukünftig nicht mehr möglich sein. Es können nur Räumlichkeiten, die bereits vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung nachweislich für mehr als zehn Wochen in einem der letzten vier Kalenderjahre in baurechtlich zulässiger Weise als Unterkunft zur Fremdenbeherbergung genutzt wurden, genehmigt werden, wenn bis 30. Juni 2022 ein entsprechender Antrag eingereicht wurde. Ferienwohnungen in reinen Wohngebieten werden nur noch dieses Jahr geduldet und müssen dann in Wohnraum umgewandelt werden. Bei Verstößen drohen Geldbußen bis 100.000 Euro.
Dass die Stadtverwaltung erst jetzt diese Vorlage in den Gemeinderat gebracht hat, begründet Baubürgermeister Soehlke damit, dass erst vor einem Jahr auf Landesebene Möglichkeiten geschaffen worden seien, die Satzung lokal effektiv umzusetzen, die Einhaltung zu kontrollieren und Verstöße zu ahnden. Dabei helfen soll eine Registrierungspflicht für Wohnraum zum Zweck der Fremdenbeherbergung, verbunden mit einer Auskunftspflicht für Wohnungsverwalter und Internetportale wie Airbnb.
Nach Recherchen der Stadtverwaltung stieg die Anzahl der Angebote alleine bei Airbnb von 127 Wohnungen im Jahr 2018 auf 238 Wohnungen im Jahr 2021 – und Airbnb ist nur einer von vielen Anbietern. Dabei stiegen auch die Preise für die Übernachtungen: 2018 wurden zwischen 50 und 100 Euro verlangt, 2021 zwischen 80 und 160 Euro, im Sommer sogar 250 bis 400 Euro – pro Nacht! Oder wie das Tagblatt berichtet: Einzimmerwohungen auf Waldhäuser Ost mit 45 m² für 1900 Euro oder 25 m² für 1500 Euro im Monat!
Um mit Kurzzeitvermietungen hohe Rendite zu machen werden inzwischen komplette Häuser nach Eigentümerwechsel über Eigenbedarfsansprüche entmietet und auch Neubauten, die als Mietwohnungen genehmigt wurden, finden sich auf Internetportalen.