Die Firma „Heuer Dialog“ lädt am Mittwoch 26.10.16 zum
„Immobiliendialog Wirtschaftsraum Tübingen und Reutlingen“ ins Tübinger
Rathaus ein.
https://www.heuer-dialog.de/veranstaltungen/10726/immobilien-dialog-wirtschaftsraum-tuebingen-reutlingen

Ihr Ziel ist es laut Tagungsprogramm, den Immobilienmarkt, seine Trends
und seine Chancen im Hinblick auf Immobilienerstellung und -verwertung
in der „Boomregion Tübingen Reutlingen“ zu beleuchten.
Dazu hat sich die Veranstalterin – selbst Tochter der Immobilien
Zeitung, die sich als Fachblatt für die Immobilienwirtschaft versteht –
nicht nur das Tübinger Rathaus als Tagungsort gewählt, sondern neben
Vertretern der Immobilienwirtschaft auch Teile der Verwaltungsspitze der
beiden Städte als Referenten und Diskutanten eingeladen.
Unter Titeln wie „Die Wohnungsmärkte laufen heiß“ diskutiert dort
Baubürgermeister Soehlke, Oberbürgermeister Palmer referiert über
(seine?) Flächennutzungsplanung zwischen (Au-)Brunnen und
Landschaftsschutzgebieten.

Wer der Tagung beiwohnen möchte, muss 560 € Normalpreis (zzgl. 19% USt.)
bezahlen, unter 30-jährige („U30“) werden bereits zum halben Preis
eingelassen, Verwaltungsleute kommen mit dem Mittelwert relativ günstig weg.
Offensichtlich wollen die VeranstalterInnen sowie die VertreterInnen der
Immobilienwirtschaft und der Stadtverwaltung hauptsächlich unter sich
bleiben – denn wer sonst würde für einige kurze Referate und
Diskussionsrunden zu den Fragen der Immobilienverwertung mal eben soviel
Eintritt bezahlen, wenn er oder sie ihn denn überhaupt aufbringen könnte?

Der Haken an der Sache ist aber, dass die Immobilienwirtschaft sich
quasi nebenbei auch mit etwas beschäftigt, was eines der grundlegendsten
Bedürfnisse des Menschen betrifft und deshalb von größtem öffentlichen
Interesse ist: Wohnraum. Und sie tun das wie gesagt nebenbei, denn ihnen
geht es gerade nicht um die bestmögliche Befriedigung dieses
Grundbedürfnisses, sondern um den maximalen Erfolg des Investments. Hier
eben unter anderem, weil momentan sehr erfolgversprechend, auch um das
Investment in ganz bestimmte Sorten von Wohnimmobilien.

Sehr wahrscheinlich wird es in den Tagungpausen (sie heißen vielsagend
„Business und Kommunikation“) auch ganz allgemein um das geeignete Klima
für Investitionen und um die dafür notwendige Raumplanung gehen, für die
die eingeladenen Verwaltungsleute dann ein offenes Ohr haben sollten.
Ein offenes Ohr nach dieser Seite bedeutet nicht selten, dass sich
soziale Interessen wesentlich schlechter Gehör verschaffen können.

Wir haben nichts dagegen, wenn öffentlich über Raumplanung, Bauen und
Wohnen in den Städten diskutiert wird. Dieser – noch dazu bestenfalls
halböffentlichen – Veranstaltung aber dürfte es weniger um die
gesellschaftliche Diskussion als um das ökonomische Interesse gehen,
nämlich die maximalen Erfolgsfaktoren fürs Investment zu untersuchen.
Dazu gehört manchmal eben auch, sich mit weichen Faktoren wie
„Wohnformen für bestimmte Zielgruppen“ und „Innovationen im Wohnungsbau“
zu beschäftigen, wie es das Tagungsprogramm auch ausweist. Um soziale
Fragen oder um gesellschaftlich wünschenswerte oder weniger
wünschenswerte Entwicklung der Städte dürfte es aber immer nur als
Randnotizen oder als für den Erfolg der eigentlichen Bestrebungen nicht
völlig ausklammerbare Begleitfragestellungen gehen.

Eine solche Veranstaltung verdient es, mit größtem Misstrauen begleitet
zu werden!

Wir fragen:

– Ist es üblich, dass für solche mit eindeutigen Interessen agierenden
Veranstalter das Rathaus zur Verfügung gestellt wird?

– Was ist das für eine demokratische Kultur, im Haus des Souveräns (des
Bürgers/der Bürgerin, von der/m alle Gewalt in der Stadt ausgeht) eine
Veranstaltung zu zentralen Themen der Stadt durchzuführen und durch
Teilnahmegebühren, welche für nicht wenige die Hälfte ihres monatlichen
Einkommens bedeuten würden, einen Großteil der BürgerInnen gleich von
vornherein auszuschließen?

– Wie wird mit Mietkosten für die Tagungsräume im Rathaus verfahren, wie
hoch werden sie angesetzt?

– Wie wird für eine transparente Dokumentation und Veröffentlichung der
Tagungsdiskussionen und Ergebnisse gesorgt?

– Was verspricht sich die Spitze der Stadtverwaltung von einem solchen
„Dialog“ mit VertreterInnen der Immobilienwirtschaft unter weitgehendem
Ausschluss der städtischen Öffentlichkeit?

Wohnraumbündnis Tübingen
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