Die Preise für Wohnraum in Tübingen steigen weiter an. Die Fertigstellung der Neubauwohnungen Corrensstraße und Güterbahnhofareal (Tagblatt: „14€ der Quadratmeter sind längst keine Seltenheit mehr“) werden sich erst im nächsten Mietspiegel 2020 niederschlagen – und mit den vielen neuen Arbeitsplätzen im Cyber Valley wird in den nächsten Jahren zusätzlicher Druck auf noch bezahlbare Mieten entstehen.
Das städtische Programm „Fairer Wohnen“ wird diese negative Dynamik höchstens leicht dämpfen. Laut OB Palmer sind die politischen Instrumente der Stadt damit ausgeschöpft. Eine effektive Mietpreisbremse oder ein Mietendeckel, die über die Bundespolitik eingeführt werden müssen, wären die letzten Mittel.
Ein Blick nach Berlin zeigt, dass ein Mietendeckel möglich ist – und noch ein anderes Instrument breite Unterstützung in der Bevölkerung erfährt: Die Enteignung der Immobilienkonzerne. In Tübingen wären das noch einige Wohnungen, die durch die unsägliche Privatisierung der LBBW-Wohnungen und folgende Weiterverkäufe an Deutschlands größtes Immobilienunternehmen Vonovia gingen…
Anstieg von Mieten
- Von durchschnittlich 360€ auf 440€ (Anstieg von 22%) stieg der Preis für eine neuvermietete Ein- bis Zweizimmerwohnung bis 40m² innerhalb eines Jahres (Juli 2018 bis Juli 2019)
- bundesweit ist das der größte Anstieg
Quelle: Tagblatt vom 6.9.2019 auf Basis einer Untersuchung von immowelt.de
Studentisches Wohnen
- Nur 13% der Studierenden in Tübingen (insgesamt rund 28.000 Studierende) werden über das Studentenwerk mit bezahlbarem Wohnraum versorgt. Dagegen hat sich die Anzahl der privaten Wohnheimplätze seit 2010 bundesweit mehr als verdreifacht (laut Chris Kühn/Grüne). Da diese möbliert angeboten werden, kann die Mietpreisbremse umgangen werden, diese Mietpreise werden daher laufend besonders stark erhöht.
- 495€ Miete kostet eine statistisch errechnete studentische Musterwohnung in Tübingen im Jahr 2019
- damit liegt Tübingen auf Platz 4 der teuersten Uni-Städte
- im Jahr 2010 waren es noch 373€, das ist ein Anstieg in neun Jahren um 23 Prozent
- Nach den Berechnungen sind 72% des studentischen Wohnungsbedarfs in Tübingen gedeckt (mittlerer Wert im bundesweiten Vergleich)
- der rasante Anstieg der Mieten ist nicht durch einen Anstieg der Einkommen ausgeglichen. Nur die reichsten 25% konnten in den letzten neun Jahren ihr Einkommen steigern, der Rest bekommt heute kaum mehr als 2010.
- 31% aller Studierenden wohnen heute in einer WG (2003: 22%) und 25% bei ihren Eltern (2003: 22%).
Quelle: Tagblatt vom 6.9.2019; Tagblatt vom 26.9.2019 auf Basis Studentenwohnreport 2019 vom Institut der deutschen Wirtschaft und dem Finanzberater MLP (Auswertung von Preisen auf Immobilienscout24 und wg-suche.de)
Immobilienpreise (Bestands- und Neubauwohnnungen)
- Bestandswohnungen sind seit 2009 um 82% in der Kernstadt (mit Lustnau und Derendingen, durchschnittlich 3375€/m²) und 80% in den Ortsteilen (durchschnittlich 2934€/m²) teurer geworden.
- Neubauwohnungen (ohne Baugemeinschaften) sind in der Kernstadt 78% teurer (durchschnittlich 5130€/m²), in den Ortsteilen 39% (durchschnittlich 3598€/m²) teurer als vor zehn Jahren.
Dabei hat die Größe keinen Einfluss mehr auf den Preis: Der Quadratmeterpreis sinkt nicht mehr wie früher mit der Zahl der Zimmer, das macht Wohnungen speziell für Familien teuer.
Baugemeinschaften sind etwa 20-25% günstiger.
Quelle: Tagblatt vom 2.8.2019 auf Basis Grundstücksmarktbericht mit Zahlen von 2017/2018
Planung von Neubauwohnungen
- Entsprechend der Entwicklung der Einwohnerzahl müssten bis 2028 Wohnungen für 6.000 bis 7.000 neue Einwohner*innen geschaffen werden.
- Rund 5400 Neubauwohnungen sind in Tübingen in den kommenden 10 Jahren geplant
Quelle: Tagblatt vom 21.5.2019 auf Basis der Wohnungsliste der Stadtverwaltung