Rede der Falken beim Protestspaziergang gegen Wohnungsnot 23.10.2015, Tübingen:

Liebe Mitstreiter*innen,

Die Mieten steigen immer weiter. Wer seine Miete nicht mehr aufbringen kann wird immer häufiger von der Staatsgewalt geräumt. Rechte Parteien wie die AfD schüren die Angst vor einer Konkurrenz zwischen Geflüchteten und Deutschen um die Wohnungen. Auch die Tatsache, dass Menschen länger leben und deren Wohnraum deshalb nicht frei wird, wird problematisiert. Aber ist diese Konkurrenzsituation denn wirklich der entscheidende Grund für Wohnraummangel?
Sachlich könnte man meinen, wäre die Antwort auf die Problematik doch leicht: mehr Wohnungen werden benötigt werden als vorhanden sind: Also baut man mehr Wohnungen! Die dafür benötigten Betriebe und Mittel sind schließlich reichlich vorhanden.
In unserer heutigen Gesellschaft ist die Reaktion auf diese Situation allerdings eine andere. Die Mieten werden erhöht. Warum das so ist, ist im Grunde auch kein Geheimnis – Wohnungen sind hierzulande eben nicht einfach dafür da dass in ihnen gewohnt wird – sie sind vor allem und zuallererst ein Mittel für den Gewinn ihrer Eigentümer. Wer wohnen will muss diesen Gewinn abdrücken damit er auch wohnen darf!
Da ist es sehr konsequent, dass der Wohnraum nach Möglichkeit aufgewertet wird, da Wohnraum für zahlungskräftigeres Klientel eine höhere Miete verspricht, daher also die Luxussanierungen und Mieterhöhungen. Bei einer solchen Wirtschaftsweise ist der Mangel an bezahlbarem Wohnraum keine Ausnahme sondern der Normalzustand. Am Beispiel Wohnraum wird eins besonders deutlich: In diesem Wirtschaftssystems in dem so grundlegende Güter wie Wohnraum stets nur gegen Geld zu haben sind ist offensichtlich nicht die Versorgung der Menschen mit lebensnotwendigen Gütern der Zweck. Nicht der Dienst am Bedürfnis eines Menschen ist das Ziel sondern die Ausnutzung seiner Zahlungsfähigkeit – was umgekehrt natürlich heißt, dass ein Bedürfnis das nicht zahlen kann auch nichts gilt!
Wir müssen begreifen, dass das Problem des Wohnungsmangels kein losgelöstes für sich stehendes Problem ist sondern eine systemische Ursache hat. Es wäre ein Fehler den Wohnungsmarkt für etwas Schlechtes zu halten, die Marktwirtschaft als Ganzes jedoch für etwas Gutes. Natürlich sind die Kämpfe zur Verbesserung der Lage richtig und notwendig – dabei muss aber eines klar sein; für eine konsequente Lösung der Wohnraumproblematik kann es nur einen Weg geben: Die Überwindung der kapitalistischen Wirtschaftsweise!